Gruppentherapieprogramm

In der Suchtkrankenhilfe hat sich die Teilnahme an einer Gruppentherapie seit vielen Jahren als eine erfolgreiche Behandlungsmaßnahme bewährt. Viele Ratsuchende haben jedoch keine Gruppenerfahrung und haben sich durch ihr Alkoholproblem von ihren Mitmenschen entfernt. Sie können sich nur schwer vorstellen, über Privatangelegenheiten mit Menschen zu sprechen, die ihnen zunächst fremd sind und haben dabei oft Schamgefühle zu bewältigen. Unkenntnis darüber, was bei einer Gruppenteilnahme erwartet wird, Befürchtungen, mißverstanden und mit der eigenen Problemansicht nicht akzeptiert zu werden, stehen oft vor der Kontaktaufnahme zu einer Gruppe. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, sich in der Beratungsstelle innerhalb eines geschützten Rahmens mit ihren Befürchtungen auseinanderzusetzen und ihnen nicht weiter auszuweichen. So ist es möglich, daß sie einen ersten wichtigen Schritt zur Bewältigung ihrer Probleme leisten. Das Kennenlernen der übrigen Teilnehmer in aufgelockerter Form und das Sprechen über eigene Befürchtungen und Erwartungen wirkt oft befreiend und mildert den Druck, dem sich viele Teilnehmer anfangs ausgesetzt fühlen. Die Erfahrung, daß andere in ähnlichen Problemlagen feststecken und sich um Weiterentwicklung bemühen, wirkt anspornend. Die sich entwickelnde Solidartität untereinander gibt Sicherheit und macht Mut, über Probleme zu sprechen, welche bislang möglichst verschwiegen wurden.

In der Therapiegruppe bietet sich die Chance, Gedanken und Gefühle auszudrücken, die bei anderen Gelegenheiten vermutlich zu Unverständnis und vielleicht auch Ablehnung stoßen. Viele Teilnehmer machen am Anfang der Gruppentherapie die Erfahrung, daß sie sich ihrer Wünsche und Erwartungen und die damit in Verbindung stehenden Gefühle nicht bewußt sind. Sie erhalten Anleitung und Unterstützung, damit es ihnen gelingt, darüber zu sprechen. Erleichtert wird die Gruppenentwicklung dadurch, daß die Teilnahme freiwillig ist, jedes Gruppenmitglied die Eigenverantwortung beibehält und die Schweigepflicht stets gewahrt bleibt. Die Gruppenanleiter achten darauf, daß die Belange der einzelnen und der Gesamtgruppe nicht zu kurz kommen und daß Themen, die sich die Gruppe zum Inhalt gesetzt hat, ausreichend beachtet werden. Über diesen Rahmen wird am Anfang ausführlich gesprochen und entsprechende Übereinkünfte werden vereinbart (z.B. Umgang mit Rückfall, Einbeziehung von Angehörigen etc.).

Eine ausgewogene Mischung der Interessen der einzelnen, der Gruppe und der Sachthemen ist für den Erfolg der Gruppentherapie von entscheidender Bedeutung und hier liegt auch eine besondere Verantwortung für die Gruppenleiter. Es ist ein Ziel, daß jedes Gruppenmitglied innerhalb des gesteckten Rahmens selbst bestimmt, wann und worüber er sprechen oder auch schweigen will und für sein Verhalten selbst Verantwortung übernimmt. Die Zufriedenheit mit der Gruppenteilnahme wächst, je mehr es den Teilnehmern möglich wird, sich zu engagieren und persönliche Themen einzubringen. In aller Regel machen dann die Teilnehmer auch die Erfahrung, daß die Problembewältigung im Alltag zunehmend besser gelingt.

Johannes Benedde
Dipl.Soz.-Päd., Fam.-Therap.
aus ECHO 3/95


31.01.2001http://www.suchtkrankenhilfe.net/gruther.htm
http://home.t-online.de/home/hbkost/sucht/gruther.htm